Kleinhirn spielt wichtige Rolle in der Ätiologie der Legasthenie

Im Rahmen der Ätiologieforschung der Legasthenie versuchen Wissenschaftler unter anderem, Auffälligkeiten im Gehirn von Personen mit Legasthenie zu finden, umso mehr über das Störungsbild zu erfahren und langfristig eine bessere Diagnostik und Therapie entwickeln zu können. In einer Studie wurde nun versucht die Gehirnareale zu bestimmen, mit deren Hilfe man Personen mit LRS am besten von Personen ohne LRS unterscheiden kann.

Die englischen Wissenschaftler Pernet und Rousslet sowie die Franzosen Poline und Demont untersuchten zu diesem Zweck die Gehirne mithilfe der Magnetresonanztomographie von 38 Personen mit Legasthenie und verglichen diese mit den Daten von 39 Kontrollpersonen ohne Auffälligkeiten beim Lesen und Schreiben.

Pernet et al. konnten insgesamt zwei Bereiche isolieren, die am besten zwischen den beiden Probandengruppen unterschieden. Nämlich einmal die rechte Hälfte des Kleinhirns im sogenannten Monticulus. Genauer gesagt im Declive, einem Teil des Monticulus (engl. right cerebellar declive, kurz RCD) und im rechtsseitigen Nucleus Lentiformis, der aus dem Putamen und dem Palladium besteht (engl. right lentiform nucleus, kurz: RLN). Anhand dieser zweier Orte im Gehirn konnten sämtliche (!) LRS-Teilnehmer identifiziert werden.

Weiterhin konnten die Forscher Subgruppen innerhalb der Legastheniker identifizieren: Personen mit LRS mit einem geringen Volumen von grauer Substanz im RCD-Bereich konnten von Personen mit LRS mit einem vermehrten Anteil an grauer Substanz in diesem Kleinhirnbereich unterschieden werden. Legastheniker mit geringerem grauen Substanzanteil zeigten dabei schlechtere Leistungen bei phonologischen und lexikalischen Aufgaben als Legastheniker mit einem erhöhten Anteil an grauer Substanz.

Den Forschern rund um Pernet gelang eine beeindruckende Studie.  Sie identifizierten mit einem Teil des Kleinhirns und dem Nucleus Lentiformis zwei spezifische Bereiche, mit deren Hilfe alle Studienteilnehmer mit LRS identifiziert werden konnten, was für eine sehr hohe Relevanz für diese beiden Bereiche spricht. Weiterhin gelang es ihnen, Subtypen der Legasthenie zu identifizieren, die anhand des Verhältnisses der grauen zur weißen Substanz in Teilen des Kleinhirns (RCD) unterscheidbar waren und sich entsprechend auch auf der kognitiven Ebene (z.B. schlechtere Leistungen bei phonologischen Aufgaben) unterschieden.

Pernet, C.R., Poline, J.B., Demonet, J.F. & Rousselet, G. A. (2009). Brain classifications reveals the right cerebellum as the best biomarker of dyslexia. BMC Neuroscience, 10, 67. Open Access.