Von Karin Schleider ist das Buch „Lese- und Rechtschreibstörungen“ in der Reihe UTB-Profile erschienen. In dieser Reihe werden verschiedene wissenschaftliche Themen kompakt abgehandelt und ermöglichen so einen ökonomischen Einstieg in die jeweilige Thematik. So umfasst das Buch von Schleider inklusive Literaturverzeichnis und Sachregister nur 102 Seiten.
Die Autorin ist psychologische Psychotherapeutin, Professorin für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Freiburg und Leiterin der Abteilung für Beratung und klinische Psychologie. Zum Bereich LRS hat Schleider einige Zeitschriftenartikel veröffentlicht, u.a. mit Prof. Andreas Warnke.
Nach einem kurzen historischen Abriss geht Schleider in ihrem Buch auf die verschiedenen Bezeichnungen der Lese-Rechtschreibschreibschwierigkeiten ein, die in erster Linie durch die unterschiedlichen Professionen bedingt sind, die sich mit der Diagnostik und Therapie von LRS besch€ftigen. Der Klärung der Begriffe folgt eine Beschreibung der Symptomatik der LRS in Kapitel zwei. Hier finden sich auch die Kriterien in den verschiedenen Klassifikationssystemen (ICD-10, DSM-IV, MAS) sehr ausführlich vorgestellt.
Sehr schön ist Kapitel 3, „Folgestörungen und komorbide Störungen“. Hier finden sich auf Basis überwiegend neuerer Studien verschiedene Auflistungen der begleitenden psychischen Symptomatik mit Störungscharakter, die bei Kindern mit diagnostizierter LRS vorhanden sein können. Das findet man in umfangreicheren Büchern oft deutlich kürzer abgehandelt.
Der Darstellung eines multidimensionalen Bedingungsbildes widmet sich das darauf folgende Kapitel mit mehreren Abbildungen auf insgesamt 14 Seiten. Hier werden die ätiologischen Faktoren vorgestellt, die die Autorin in biologische Bedingungen, psychologische Bedingungen und soziale Bedingungen kategorisiert und weiterhin in prädisponierende, auslösende, aufrechterhaltende und protektive Faktoren einteilt. Insgesamt findet sich hier ein gelungener Überblick mit Verweisen auf zahlreichen Studien. Ein wirklich gelungenes Kapitel.
In Kapitel 5 werden zahlreiche Testverfahren, die in der LRS-Diagnostik angewendet werden beschrieben, wobei Schleider hier neben dem Einsatz der üblichen Leistungstests ein recht umfangreiches und genaues diagnostisches Vorgehen darstellt.
Hier findet sich auch der „Entscheidungsbaum“ nach Warnke, ein übersichtliches Flussdiagramm, den Schleider übernommen hat.
Das sechste Kapitel befasst sich mit präventiven Methoden und der Frühförderung. Schleider beschränkt sich dabei inhaltlich auf das Konzept der phonologischen Bewusstheit. Kapitel 7 ist mit „Multimodale Interventionen“ berschrieben. In diesem Kapitel geht es also um therapeutische Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen. Recht gut sind die Darstellungen der psychotherapeutischen Behandlungsmodule beim Kind und eventuelle Maßnahmen im Bereich der Familie gelungen. Die Interventionen im Bereich des Lesens und Schreibens sind jedoch zu kurz abgehandelt. Hier werden nur einige Programme genannt und das Marburger Rechtschreibtraining kurz dargestellt.
Im folgenden Kapitel finden sich noch einige gute Hinweise zur Stabilität der LRS-Symptomatik während der Schulzeit, allgemeinen Schulleistungen, Therapieerfolgen und zur beruflichen Entwicklung von Personen mit LRS. Zu allen Themen werden die Ergebnisse der wichtigsten Studien genannt.
Karin Schleider hat mit ihrem Buch „Lese- und Rechtschreibstörungen“ ein sehr gelungenes, kleines Fachbuch zum Thema LRS veröffentlicht, dass den aktuellen Stand der Forschung und Praxis sehr gut zusammenfasst. Einziger Kritikpunkt an diesem Buch ist, das die Interventionsverfahren bezüglich des Lesens und Schreibens zu knapp abgehandelt werden. Auf der Haben-Seite steht die Klarheit des Vorgetragenen sowie das von Schleider vorgetragene multimodale Bedingungsmodell und die zahlreichen Hinweise zu den psychotherapeutischen Inhalten im Rahmen der LRS-Therapie. Es ist zu hoffen, dass von Frau Prof. Karin Schleider weitere Veröffentlichungen zum Thema LRS folgen werden. Das Buch Lese- und Rechtschreibstörungen ist uneingeschränkt zu empfehlen.
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Karin Schleider (2009). Lese und Rechtschreibstörungen. München: Ernst Reinhardt Verlag.