Computerprogramm GUT1 in der Legasthenietherapie

Trainingsprogramme am PC, die das Lesen und Schreiben verbessern sollen, gibt es einige. Manche wurden speziell für die Behandlung der Legasthenie entwickelt, andere kommen aus dem Schulbereich, sind aber auch in lerntherapeutischen Praxen weit verbreitet. Vergleichsweise bekannte Programme sind Uniwort, Celeco und das Budenberg Förderprogramm.
Ein weiteres Programm, auf das man im lerntherapeutischen Umfeld trifft und das gerne empfohlen wird, ist das Computerprogramm GUT1. Dieses Programm stammt von Martin Grund aus Baden-Baden.

GUT1 stellt eine Umsetzung des Karteikastenprinzips am Computer dar. Der vergleichsweise große Bekanntheitsgrad dieses Programms lässt sich zu einem Großteil auf die gelungene grafische Umsetzung und ein effektives Belohnungssystem zurückführen. Weiterhin sind die mitgelieferten Wortschätze sinnvoll geordnet und ausreichend groß.

Das Karteikastenprinzip wurde in Form von Schatzkisten verwirklicht, die für die einzelnen Karteikastenfächer stehen. Hinter diesen Schatzkisten sitzen einzelne Tiere, wie ein Fuchs, Panter, Luchs, Tiger und ein Elefant. Zu Beginn sind die Wörter jedoch in der Kiste des Äffchens, der die Kinder auch begrüßt. Dann werden die einzelnen Wörter eines Wortschatzes trainiert, der bis zu 100 Wörtern beinhalten kann.

Das Lernwort wird auditiv in einem Satz präsentiert und dieser Satz erscheint auch auf dem Bildschirm. Das Lernwort ist jedoch mit einer Lücke ausgespart. Hier soll nun der Schüler über die Computertastatur das Lernwort eingeben. Ist das eingetippte Wort richtig, gelangt das Wort, begleitet von einer kurzen Animation, direkt in die Schatzkiste Nummer vier. Dort verbleibt es für sechs Tage und wird erst ab dem siebten Tag wieder gelernt bzw. überprüft. Wird das Wort falsch geschrieben, wird das Lösungswort am Bildschirm angezeigt und der Schüler soll das richtige Wort eintippen. Nun gelangt das Wort in die erste Schatzkiste, hinter der ein Fuchs sitzt. Am nächsten Tag kann dann weiter geübt werden. Man wählt den Wortschatz aus, mit dem man am Vortag schon trainierte, und übt genau an der selben Stelle weiter. Nun werden die Wörter der Schatzkisten 1 bis 3 geübt, bzw. noch nicht bearbeitete Wörter aus dem Wortschatz.

Pro Tag kann ein Übungswort nur von einer Schatzkiste in die nächste wandern. Will darüber hinaus geübt werden, muss der Schüler einen zusätzlichen Wortschatz beginnen. Der Programmautor hat ein recht strenges Karteikastensystem durchgeführt, d.h. Wörter, die falsch geschrieben werden, kommen immer wieder zurück in das erste Fach (sehr gut!). Nicht täglich geübt werden die Wörter aus Fach 4 (alle 6 Tage) und aus Fach 5 (alle 12 Tage). Werden Wörter aus Fach 5 richtig geschrieben, gelten diese als gelernt und gelangen in die Satteltaschen eines Pferdes, das diese in ein Schloss transportiert.

Das Schloss steht in einer parkähnlichen Landschaft. Dort können dann mit Hilfe der erarbeiteten Punkte Einrichtungsgegenstände für Zimmer des Schlosses gekauft, eine Koppel im Park angelegt oder am Kai des Schlossparks ein Schiff gebaut werden. Die Vielfalt der Einrichtungsgegenstände für die verschiedenen Orte sind recht groß. Der Effekt ist, dass die Kinder so motiviert sind, ihre Spielewelt einzurichten, dass intensiv mit den Wörtern gearbeitet wird. Gelungen.

Insgesamt stehen 36 Wortschätze zum Üben zur Verfügung. Interessant sind die Grundwortschätze 1 bis 7. Grundwortschatz 1 enthält die 100 häufigsten Wörter, Grundwortschatz 2 umfasst die nächsten häufig vorkommenden Wörter. Werden die ersten vier Grundwortschätze geübt und dann auch gekonnt, sollen nach Angaben des Autors 80 Prozent der häufigsten Wörter in ihrer Grundform beherrscht werden.

Eine weitere Wortschatzkategorie wird als “Spezielle Laut-Buchstaben-Zuordnung” bezeichnet. Hier finden sich u. a.Wortschätze mit st, sp, qu, pf und nk. Für schon etwas bessere Schüler gibt es drei Listen mit “Schwierigen Wörtern”. Auch hier finden sich jeweils 100 Wörter für Schüler der dritten bis fünften Klasse. Beispielsweise gibt es hier Wörter wie Unfall, Paket, satt, riechen, hüpfen.

Die weiteren Wortschätze des Programms decken die S-Schreibung, die Mitlautverdopplung und die Dehnung ab. Gemäß der gern zitierten “Ranschburger Hemmung” finden sich in diesen Listen dann entweder nur Wörter mit ie oder nur Wörter mit einem i ohne weiteres Dehnungszeichen. Für aufgeweckte Schüler stellt dieses Vorgehen natürlich kein Problem dar, da alle Wörter dieses Wortschatzes dann einfach mit ie geschrieben werden. Für die Übertragung auf das Rechtschreibtraining im Rahmen der LRS-Therapie macht diese Interpretation der Studienergebnisse aus dem Jahr 1905 von Pal Ranschburg wenig Sinn.

Meines Erachtens sollte das Prinzip der Ranschburger Hemmung vielmehr auf die Anzahl der Themen, die gleichzeitig bearbeitet werden, angewendet werden. So sollte man in einer Stunde nicht S-Schreibung und den Bereich der Dehnung üben (was gegen Ende der Therapie jedoch sinnvoll sein kann).

Wo andere Therapieprogramme mit professionellem Anspruch mit Grafiken sparsam umgehen, um nicht vom eigentlichen Lernziel abzulenken, findet man sich bei GUT1 während des Lernens mit der Lernkartei in einer Waldlichtung wieder, wo hinter Schatzkisten Tiere sitzen. Auch der Schlossbereich stellt eher einen Nachbau einer virtuellen Welt dar, als die Umsetzung eines Arbeitsblatts auf dem PC. Trotz dieser multimedialen Umsetzung geht von dem Programm keinerlei Hektik, sondern eher etwas beruhigendes aus, was an der Art der Grafiken und den verwendeten Sprechern liegt.

Problematisch ist natürlich die Eingabe auf der PC-Tastatur, hier muss individuell abgewogen werden, ob ein Einsatz sinnvoll ist. Weiterhin wird auch der ein oder andere Therapeut mit einigen Wortschätzen nicht ganz glücklich sein. Es gibt diesbezüglich jedoch genügend Auswahl.

Insgesamt handelt es sich bei dem Programm um eine sehr gelungene Umsetzung des Lernkartei am PC. Dabei wurde die Benutzeroberfläche und das Belohnungssystem hervorragend umgesetzt.