In der Fachzeitschrift „Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie“ fassten Jan Frölich und Manfred Döpfner die gegenwärtige empirische Befundlage zu möglichen Therapieeffekten von mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf die ADHS-Symptomatik zusammen. Insbesondere in der nichtwissenschaftlichen Ratgeberliteratur zu Aufmerksamkeitsstörungen werden gelegentlich Veränderungen der Nahrungsmittelzufuhr bzw. eine Gabe von Nahrungsmittelergänzungen bei Kindern mit ADHS empfohlen, um eine Verbesserung der Symptomatik zu erzielen. Manfred Döpfner und Jan Frölich haben zu diesem Thema die vorhandenen empirischen Studien zu dieser Fragestellung zusammengestellt.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden unterteilt in Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass bei hypertensiven Ratten eine erniedrigte Konzentration von Omega-3-Fettsäuren vorlag. Auch in einigen Untersuchungen von Kindern konnten Korrelationen zwischen erniedrigten Omega-3-Fettsäurespiegeln und erhöhten Werten auf der Conners-Gesamtskala, einem Test zur Erfassung der ADHS-Symptomatik, gefunden werden.
Die Qualität der Studien, die bei ADHS-Kindern Omega-Fettsäuren als Nahrungsergänzung applizierten, ist nach Döpfner zu gering, um robuste Aussagen zu treffen, doch kommt es wohl sehr auf die Spezifität der Fettsäuren an, wenn eine Symptomreduktion erzielt werden soll. Studien, in denen Omega-6-Fettsäuren als alleinige Therapie bei Kindern mit ADHS verabreicht wurde, brachten keine Symptomverbesserung. Hierzu listen die Autoren zahlreiche Studien auf. In einer methodisch gelungenen Studie von Richardson & Montgomery aus dem Jahr 2005 konnten jedoch gute Effekte durch eine Kombinationsbehandlung von Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren bei Kindern mit einer ausgeprägten ADHS-Symptomatik gefunden werden, die fast alle auch eine LRS aufwiesen. Dabei zeigten diese Kinder nach einer Behandlung von 3 Monaten auf allen Skalen zur Erfassung der ADHS-Symptomatik und in der LRS-Symptomatik gute Verbesserungen.
Döpfner und Frölich gehen davon aus, dass eine Subgruppe von Betroffenen mit ADHS existiert, die von einer Behandlung mit Omega-Fettsäuren profitieren können. Die Höhe des therapeutischen Effekts ist jedoch aufgrund heterogener Studienergebnisse gegenwärtig noch nicht quantifizierbar. Die Autoren weisen weiterhin darauf hin, dass Studien mit einem robusten Studiendesign dringend notwendig sind.
Quelle:
Jan Frölich & Döpfner, M. (2008). Die Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren – eine wirksame Behandlungsoption? Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 36 (2), 109-116.