Phonologische Bewusstheit korreliert mit Lesefertigkeit auch in Klasse 6

Wissenschaftler von der Universität in Washington um Roxana Del Campo interessierten sich dafür, inwieweit phonologische Fertigkeiten mit dem Lesen und Schreiben bei Viertklässlern und Sechstklässlern zusammenhängen. An der Studie nahmen 119 Viertklässler mit einem Durchschnittsalter von 9,7 Jahren teil. Die Gruppe der Sechstklässler war mit 105 Schülern ähnlich groß. Hier betrug das Durchschnittsalter 11,6 Jahre.

Für das Lesen wurden insgesamt drei Tests durchgeführt. Bei einem Test handelte es sich um einen typischen Lesetest, bei dem Wörter mit ansteigendem Schweregrad laut vorgelesen werden mussten. Bei den anderen Tests handelte es sich um einen Wortverständnistest und einem Leseverständnistest. Auch die Rechtschreibung wurde durch drei Tests erhoben. Neben einem gewöhnlichen Rechtschreibtest, bei dem einzelne Wörter geschrieben werden, mussten bei den anderen beiden Tests Sätze bzw. ganze Texte produziert werden.

Leider beziehen sich die Aussagen zwischen den phonologischen Fertigkeiten nicht auf die einzelnen Lese- und Rechtschreibleistungen, sondern die Wissenschaftler bildeten aus den jeweiligen Testwerten einen neu konstruierten aggregierten Lesewert wie auch einen aggregierten Rechtschreibwert.

Bei den phonologischen Fertigkeiten wurden mit drei Subtests die phonologische Bewusstheit und mit einem Test das phonologische Gedächtnis erhoben. Bei einem Subtest mussten die Schüler von einem präsentierten Wort die erste Silbe weglassen und das Restwort aussprechen (Restwortbestimmung – Silbe). Bei einem weiteren Test sollte von einem Wort ein Phonem (Laut) weggelassen werden (Restwortbestimmung – Phonem). Weiterhin gab es noch eine Reimaufgabe. Beim phonologischen Gedächtnistest mussten die Schüler Pseudowörter von zunehmender Länge wiederholen.

Es zeigte sich, dass von den vier Subtests die Phonemaufgabe aus dem Bereich der phonologischen Bewusstheit den aggregierten Lesewert bei den Viertklässlern am besten vorhersagen konnte. Hier betrug die Korrelation vergleichsweise hohe r= .50. Die anderen Korrelationen zwischen Subtests und Lesewert waren inhaltlich zu vernachlässigen. Auch in der sechsten Klasse war der Subtest „Restwortbestimmung – Phonem“ mit dem aggregierten Lesewert mit r= .46 am höchsten assoziiert.
Der Subtest „Restwortbestimmung – Silbe“ zeigte eine Korrelation von r= .20 und fiel damit deutlich schwächer aus. Bezüglich des aggregierten Schreibwertes bei den Schülern der vierten Klasse zeigte sich ebenfalls ein guter Zusammenhang zum Subtest „Restwortbestimmung – Phonem“. Hier wurde eine Korrelation von r= .46 gemessen. Auch hinsichtlich des Subtests „Restwortbestimmung – Silbe“ zum aggregierten Rechtschreibtest wurde eine Korrelation von r= .20 registriert.

Bei den Schülern der sechsten Klasse konnte man gleich auf Basis von drei Subtests die Rechtschreibung vorhersagen. So betrug die Korrelation zum Subtest „Restwortbestimmung – Phonem“ r= .41, zur Reimaufgabe r= .23 und zum Subtest „Restwortbestimmung – Silbe“ ebenfalls r= .23.

Die US-Wissenschaftler konnten zur allgemeinen Lese- und Rechtschreibfertigkeit Korrelationen zur phonologischen Bewusstheit bei Schülern der vierten und sechsten Klasse feststellen. Dabei zeigten sich die höchsten Korrelationen zum Subtest „Restwortbestimmung – Phonem“.

Del Campo, R., Buchanan, W.R., Abbott, R.D. & Berninger V.W. (2015). Levels of phonology related to reading and writing in middle childhood. Reading and Writing, 28, 183-198.