Musikalische Förderung verbessert das Lesen

Schon in einigen Studien konnte gezeigt werden, dass das Training  musikalischer Fertigkeiten auch positive Effekte auf das Lesen aufweist. Verantwortlich für diesen Zusammenhang könnte sein, dass sich Musikalität und Lesefertigkeit miteinander die selben Gehirnareale teilen. Entsprechend würde gelten: Kommt es durch ein Musiktraining zu einer verbesserten Verknüpfung zwischen den einzelnen Neuronen, könnte sich diese
verbesserte neurologische Basis auch auf das Lesen positiv auswirken.

Der Neurologe Michel Habib von der Universität in Marseille hat nun mit Kollegen eine weitere Therapiestudie in diesem Bereich durchgeführt. Das Training bestand aus drei Komponenten, nämlich musikalische Übungen, die durch einen Sprachtherapeuten durchgeführt wurden, eine musikalische
Ausbildung mit Übungen am Klavier durch einen Klavierlehrer und rhythmische Übungen, in denen auch Körperbewegungen eine Rolle spielten. Die Therapiestunde wurde entweder in Kleingruppen mit je vier Kindern (Klavier und Rhythmusübungen) durchgeführt oder in der ganzen Gruppe. In der Woche fanden drei Therapiestunden statt, die Maßnahme dauerte insgesamt sechs Wochen.

Insgesamt nahmen an der Studie zwölf Kinder mit ausgeprägter Legasthenie teil. Eine Kontrollgruppe wurde nicht gebildet. Habib et al. führten mit den Schülern mehrere neurokognitive Verfahren durch, darunter  Zahlennachsprechen zur Messung des auditiven Arbeitsgedächtnisses und einen Test zur auditiven Aufmerksamkeit. Weiterhin wurde ein Wortlesetest durchgeführt, bei dem die  Anzahl der richtig gelesenen Wörter innerhalb von einer Minute registriert wurde.

Alle Tests wurden zu vier Zeitpunkten durchgeführt, nämlich sechs Wochen vor der Maßnahme (t1), direkt vor dem Training (t2), nach Abschluss
des Trainings (t3) und eine Follow-up Untersuchung sechs Wochen nach Trainingsende (t4). Obwohl eine Kontrollgruppe nicht gebildet wurde, gibt der Vergleich zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 eine Auskunft darüber, wie sich das untersuchte Merkmal ohne Trainingseinfluss entwickelt. Die Probanden waren zwischen sieben und 12 Jahr alt. Alle Schüler erhielten das selbe Training.

In mehreren der durchgeführten Tests zeigten sich keine Verbesserungen, so z.B. bei der visuell-räumlichen Aufmerksamkeit oder beim Zahlennachsprechen. Fortschritte konnten jedoch in beiden Subtests der ebenfalls erhobenen auditiven Aufmerksamkeit und im Lesetest registriert werden. Im Lesetest zeigte sich eine deutliche Verbesserung von im  Durchschnitt -2,12 auf -1,64, wobei diese Verbesserung auch sechs Wochen später (t4) noch Bestand hatte. Zum Zeitpunkt t1 zeigte sich ein Wert von- 2,24. Habib et al. geben an, dass sich die Schüler im Lesen im Durchschnitt um eine Standardabweichung verbesserten.

Habib et al. führten eine interessante Studie durch, die zeigte, dass ein musikalisches Training zu einer deutlichen Verbesserung im Lesen führen kann. Leider wurden die einzelnen durchgeführten Komponenten in der Studie nur wenig detailliert beschrieben.

Quelle: Habib, M., Lardy, C., Desiles, T., Commeiras, C., Chobert, J. & Besson, M. (2016). Music and dyslexia: a new musical training method to improve reading and related disorders. Frontiers in Psychology, 7, Article 26.

Dieser Bericht über die Studie von Habib et al. ist in der Ausgabe 01/2016 im Journal für Legasthenietherapie erschienen.