Grundlegende Übungen bei Dyskalkulie

1. Inhalte der Dyskalkulietherapie

In der Dyskalkulietherapie werden die wichtigsten Themenbereiche der Grundschulmathematik erarbeitet. Hierunter fallen das Kopfrechnen aller vier Grundrechenarten, das Verständnis für das Stellenwertsystem, eine bessere Orientierung im Zahlenraum und die Verbesserung der Kompetenz beim Lösen von Sachaufgaben. Vorab muss natürlich auch das Mengenverständnis geprüft werden.

2. Zeitpunkt der Einführung der einzelnen Therapiebausteine

Dyskalkulie Übungen orientieren sich an den oben genannten Zielen und werden in einer sinnvollen Reihenfolge eingeführt. Zuerst wird überprüft, ob ein ausreichendes Mengenverständnis vorhanden ist und bei Bedarf entsprechende Übungen durchgeführt. Dann beginnt man in der Regel mit dem Kopfrechnen der Addition und Subtraktion. Eine Beherrschung dieser Strategie ist grundlegend für den weiteren Aufbau mathematischer Lösungskompetenzen. Im Anschluss kann man die Orientierung im Zahlenraum (entsprechend der Klassenstufe die das Kind besucht) trainieren.
Es folgt bei Bedarf das Trainings des Einmaleins und parallel kann auch schon mit dem Lösen von Textaufgaben begonnen werden.

3. Darstellung der einzelnen Dyskalkulieübungen

3.1 Förderung des Mengenverständnisses

Bevor mit den Grundrechenarten begonnen werden kann, muss ein ausreichendes Mengenverständnis vorhanden sein, d.h. die Kinder müssen wissen, welche Mengen die z.B. die Zahlen 4, 14 oder 54 darstellen. Hierzu können gut die Einer-Würfel, 10er-Stäbe und Hunderter-Platten von Dienes eingesetzt werden. Hier wird zuerst der 10er-Raum, dann der 100er-Raum und schließlich der Zahlenraum bis 1000 erarbeitet.

Übung 1:
Beim 10er Raum werden einzelne Einer-Würfel auf den Tisch gelegt und das Kind soll diese abzählen und die Menge nennen. Im weiteren Training sollte dies zunehmend automatisierter ablaufen, d.h. die Einerwürfel sollen auf einen Blick erfasst werden. Hierzu müssen die einzelnen Einerwürfel jedoch sinnvoll gruppiert werden.

Übung 2:
Dann werden die 10er-Stäbe eingeführt. Auf dem Tisch werden verschiedenen Mengen dargestellt und jeweils nur die Anzahl der 10er-Stäbe verändert. Das Kind soll die Menge benennen. Als Übungsvariante kann auch nur die Menge gesagt werden und das Kind soll die Menge durch das Dienes Material darstellen.

Übung 3:
Schließlich werden für die Darstellung des Zahlenraums bis 1000 auch die 100er-Platten eingeführt. Auf die Einerwürfel sollte zunächst verzichtet werden. Es werden also Zahlen als Mengen dargestellt wie 320, 330, 420, 430 710, 8,10, 840, 940.
Das Mengenverständnis kann auch gut am Computer trainiert werden. Hier bietet sich die Übung “Zahlenhaus” des Budenberg Programms an.

3.2 Kopfrechnen Addition und Subtraktion

Ein Kennzeichen der Dyskalkulie, das man fast immer bei Kindern im Grundschulalter antrifft, sind große Schwierigkeiten beim Kopfrechnen. Dies gilt in der Regel für alle vier Grundrechenarten. Additions- und Subtraktionsaufgaben werden oft “abzählend” über die Finger gelöst. Um hier Verbesserungen zu erzielen, müssen die Aufgaben im 10er-Raum automatisiert und für den höheren Zahlenraum die entsprechenden Rechenstrategien erlernt werden. Hierzu existieren verschiedene Trainingsprogramme wie z.B. das Münchner Rechentraining für den Bereich der Addition und Subtraktion oder das Training Einmaleins für die Multiplikation.

Übung 1:
Automatisierung des Zahlenraums bis 10. Man beginnt mit der Addition und automatisiert schrittweise sämtliche Aufgaben bis zum Ergebnis mit fünf. Dann bietet es sich an nach einem gewissen System sich auch die restlichen Aufgaben zu erarbeiten, z.B.
1. plus 2: 2+2, 3+2, 4+2, 5+2, 6+2, 7+2
2. plus 3: 1+3, 2+3, 3+3, 4+3, 5+3, 6+3
3. plus 4: 1+4, 2+4, 3+4, 4+4, 5+4
4. plus 5: ….. usw.

Wichtig: unbedingt den Hinweis geben, dass man die Summanden auch „umdrehen“ kann. Das Kind sollte also anstatt 2+4 besser 4+2 rechnen, was leichter ist. Der Zahlenraum bis 10 kann gut in einer Woche automatisiert werden. Dabei kann einer der oben genannten Arbeitsschritte (Punkt 1. bis 4.) pro Tag geübt werden. Man lernt also pro Tag nicht mehr als vier neue Aufgaben „auswendig“.

Übung 2:
Für das Rechnen über den Zehner sind noch zwei Vorübungen notwendig, nämlich die „Aufteilung“ und „…bis zur 10 fehlen“. Beide Vorübungen müssen gut gekonnt werden, sonst funktioniert nicht der spätere Rechenweg, der unbedingt schriftlich eingeübt werden sollte, da ansonsten die Belastung für das Arbeitsgedächtnis zu hoch ist. Erst später sollten die entsprechenden Aufgaben schriftlich gelöst werden.

1. Vorübung „Aufteilung“: Die Kinder sollen lernen die einzelnen Zahlen zu zerlegen. Dass kann gut in zwei Tagen eingeübt werden. Also die fünf kann ich zerlegen in 4 und 1 und in 3 und 2; die vier kann ich zerlegen die 3 und 1 und in 2 und 2. Wenn man will kann man auch noch die Umkehraufgaben nennen. Hat das Kind große Schwierigkeiten reicht es, die Zahlen 2 bis 6 zu bearbeiten.

2. Vorübung „…bis zur 10 fehlen“ : Hier sollen die Kinder sagen wie groß die fehlende Menge von den Zahlen 5 bis 9 bis zur 10 ist. Beispiele: von der 7 bis zur 10 fehlen? Von der 6 bis zur 10 fehlen? Von der 9 bis zur 10 fehlen?

Aufgaben zum 10er Übertritt werden folgendermaßen gelöst:
„Rechne erst bis zum 10er und zähle dann den Rest auch noch dazu“ (Merksatz).
Bei der Aufgabe 8 + 5 bedeutet dies: (a) das Kind muss feststellen wieviel von der 8 bis zur 10 fehlt, (b) dann muss die 5 entsprechend aufgeteilt werden [in 2 und 3], (c) schließlich zur 8 die 2 dazugezählt werden und dann (d) der Rest, nämlich die 3, addiert werden.

Wie schon oben erwähnt sollte man diese Aufgaben schriftlich lösen. In der ersten Zeile steht die Aufgabe [8 + 5 = ] und in der zweiten Zeile direkt darunter der Rechenweg, nämlich [8 + _ + _ = _] Die beiden Lücken werden dann entsprechend des Merksatzes ausgefüllt, nämlich mit 2 und 3.

3.3 Förderung des Stellenwertsystems

Um Zahlen in ihrer dargestellten Menge zu verstehen, muss das Stellenwertsystem begriffen werden. Dies ist durch einige wenige Übungen gut erreichbar und die über einen Zeitraum von mehreren Wochen in der Therapie trainiert werden müssen. Es werden auch für diesen Bereich noch einmal die Übungen von 3.1 durchgeführt.

  1. Übung: Es werden Zahlen diktiert, die die Kinder aufschreiben sollen (z.B. 21, 25, 32, 53, 51, 74), im Anschluss werden diese mit Dines-Blöcken gelegt.
  2. Übung: Der Therapeut legt Zahlen mit Dines-Blöcken, die das Kind als Zahl aufschreiben muss.
  3. Übung: Das Kind nennt eine Zahl, die der Therapeut legt und der Schüler muss entscheiden, ob diese stimmt.

Sehr hilfreich sind auch die Übungen mit dem Zahlenstrahl aus den Budenberg-Programmen.

Ebenfalls sehr sinnvoll ist es, dem Schüler z.B. die Zahl 200 zu diktieren und ihm dann die Aufgabe zu geben, von dieser Zahl entweder 1, 2, 5 oder 10 abzuziehen. Dies wird dann mit den Zahlen 300, 500, 600 und später 2000, 3000 wiederholt. Von den größeren Zahlen können auch 20, 30 oder 100 bzw. 200 abgezogen werden.

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