Finger, Bilder, Rechnen. Ein Trainingsprogramm für die Dyskalkulietherapie

In der Dyskalkulietherapie stellt die Verbesserung des Kopfrechnens einen zentralen Therapieschwerpunkt dar. Sehr häufig trifft man bei den Klienten auf sogenannte zählende Rechner, da diese die grundlegenden Aufgaben des Zahlenraums bis 20 nicht automatisiert haben.

Die Autoren Heidrun Claus und Jochen Peter haben nun bei Vandenhoeck & Ruprecht ein Therapieprogramm mit dem Titel „Finger, Bilder, Rechnen. Förderung des Zahlenverständnisses im Zahlenraum bis 10“ veröffentlicht, welches ein komplettes Trainingsprogramm für die Addition und Subtraktion im Zehnerraum darstellt.
Das Programm verwendet als einen Therapiebaustein die Finger als Hilfsmittel zum Aufbau des Zahlenverständnisses. Eine Besonderheit in der Dyskalkulietherapie, da man sich ja eigentlich vom Fingerrechnen entfernen will.

Zum therapeutischen Ablauf: Die Kinder lernen den Zehnerraum als ersten Schritt mithilfe der Fingerbilder kennen. Dabei werden die Finger jedoch nicht zum zählenden Rechnen verwendet, sondern als immer vorhandenes Hilfsmittel, Mengen zu automatisieren.

Im Anschluss werden innere Bilder der Mengen aufgebaut. Das erworbene Wissen wird schließlich auf das Zehnerfeld übertragen. Als nächsten großen Therapieschritt wird das Zerlegen der Zahlen eingeübt (z.B. die 8 lässt sich zerlegen in 5 und 3) und zum Abschluss Additions- und Subtraktionsaufgaben trainiert.
Das therapeutische Vorgehen wird sehr detailliert beschrieben. Für jeden vom Therapeuten beabsichtigen Lernfortschritt werden zahlreiche Übungen genannt. Als Arbeitsmaterialien für die einzelnen Übungen zum Erreichen der Zwischenziele liegen dem Programm 13 Fingerbilderkarten (Darstellung der Fingerbilder der Zahlen von 0 bis 10), 12 Fingerbilder-Zahlen-Karten (Darstellung der Fingerbilder und Zahlen), Fingerbilder-Domino-Karten, Zehnerfeld-Zerlegungs-Karten sowie weiteres Arbeitsmaterial bei, welche für die Übungen benötigt werden.

Der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau ist ein effektives Programm für Kinder der ersten bis dritten Klasse mit Dyskalkulie. Bei diesen Kindern, die den Zugang zur Dyskalkulietherapie finden, handelt es sich fast ausschließlich um zählende Rechner, sodass dieses Therapieprogramm (bzw. das dort beschriebene Vorgehen) gut eingesetzt werden kann. Die notwendigen Grundlagen des Kopfrechnens werden durch dieses Programm hervorragend vermittelt. Die Autoren beschreiben ein Vorgehen in kleinsten Lernschritten, sodass auch Kinder mit sehr schwerer Dyskalkulie von diesem Programm vermutlich sehr gut profitieren können. Bei zahlreichen Kindern lässt sich meiner Erfahrung nach allerdings ein komprimierteres Vorgehen durchführen, das im Groben jedoch dem beschriebenen Vorgehen entspricht. Als kleiner Kritikpunkt bleibt eigentlich nur, dass in einer Neuauflage der Zahlenraum auf 20 ausgeweitet werden könnte.

Insgesamt schafft es der Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau aus dem Stand in die Liga der Standardprogramme der professionellen Dyskalkulie- und Legasthenietherapie, wozu man die Autoren beglückwünschen darf. Dem Hamburger Zahlbegriffs- und Rechenaufbau ist eine weite Verbreitung zu wünschen