Übungen zur Verbesserung des Lesens

Die grundlegenden Übungen zur Verbesserung des Lesens orientieren sich am normalen Leseerwerb, nämlich vom Erlernen der einzelnen Laut-Grafem-Verbindungen (Laut-Buchstaben-Verbindungen) bis hin zur Steigerung der Lesegeschwindigkeit. Natürlich werden nur diejenigen Bereiche trainiert, wo das Kind noch Probleme aufweist. Kann das Kind beispielsweise die Buchstaben gut „Zusammenschleifen“ muss dieses in der Therapie nicht mehr geübt werden. Das reine Durcharbeiten von Programmen von vorne nach hinten ist oft nicht zu empfehlen.

1. Erlernen der Laut-Grafem-Verbindungen

Wenn Kinder noch unsicher beim Benennen der einzelnen Buchstaben sind müssen diese explizit erlernt werden. Diese Problematik trifft man in der Regel nur bei Kindern bis Ende der ersten Klasse an. Ob die Kinder noch unsicher bezüglich einigen Buchstaben sind, kann bei den Eltern erfragt oder kurz in der Therapiestunde überprüft werden. Die noch fehlenden Buchstaben werden schrittweise erlernt. In der Regel können gut zwei Buchstaben pro Woche gelernt werden. Das Budenberg Computerprogramm bietet beispielsweise für Einzelbuchstaben recht schöne Übungen. Zeigen sich nur bei sehr wenigen Buchstaben Unsicherheiten, können diese auch mit Hilfe des Karteikastens gelernt werden. Hier werden dann einfach die Wörter verwendet, die den zu übenden Buchstaben enthalten.

2. Zusammenschleifen von Buchstaben

Einzelne Kinder mit Legasthenie haben zu Beginn der Therapie große Schwierigkeiten beim Zusammenschleifen. Dies kann den Kinder durch folgende Übung jedoch leicht beigebracht werden. Hierzu werden einfache, lautegreue Wörter mit Konsonant-Vokal-Struktur verwendet. Wichtig ist, dass es sich bei den Konsonanten nicht um Stopp-Konsonanten wie p,t,k,…. handelt. Folgende Wörter sind dagegen geeignet: Salami, Lara, Lisa, Lama, Moni, namenlos, ….. Den Kindern wird nun gesagt, dass sie den ersten Buchstaben so lange aussprechen sollen, bis sie wissen, wie der zweite Buchstabe lautet. Das Kind schaut also den ersten Buchstaben an, spricht ihn aus, schaut währenddessen auf den nächsten Buchstaben und wechselt dann langsam zum nächsten Buchstaben „rüber“. So wird aus Lama LLLLAAAAMMMMAAAA. Der Therapeut führt als Modell die Technik mehrmals vor.

3. Automatisierung häufiger Silben und Wortbausteine

Um eine erhöhte Lesegeschwindigkeit und Fehlerreduzierung zu erreichen, können bzw. sollten wichtige Silben automatisiert werden. Hierfür können beispielsweise die sieben Tabellen des Kieler Leseaufbaus verwendet werden. Pro Woche wird eine Tabelle eingeführt. Daran anschließend können häufige Buchstabenkombinationen gelernt werden, wie sie sich z.B. im Trainingsprogramm Trainingsprogramm BLIWO von Andreas Mayer finden. Eine dritte Möglichkeit Wortkomponenten zu automatisieren ist die mündliche Bearbeitung des Programms Wortbautraining, mit dem Morpheme geübt werden können.

4. Aneignung eines segmentierenden Lesestils

Die Kinder mit Legasthenie sollen bei dieser Übung lernen, kurze und einfache Wörter „auf einen Blick“ zu lesen, längere und schwierigere Wörter jedoch in Silben (oder Morpheme) aufzuteilen und diese so schrittweise zu erlesen. Sehr schwierige Wörter sollen Buchstabe für Buchstabe gelesen werden. Die Kinder haben also die Aufgabe sich einen flexiblen Lesestil anzueignen.

5. Genauigkeit vor Geschwindigkeit – Einsatz des Fingers

Das Motto zu Beginn des Lesetrainings lautet: Genauigkeit vor Geschwindigkeit. Erst soll in der Therapie erst versucht werden die Fehlerzahl deutlich zu verringern. Im Laufe der Therapie wird dann auch auf eine Steigerung der Lesegeschwindigkeit geachtet (häufig erst im letzten Drittel der Therapie). Um die Lesegenauigkeit zu erhöhen ist es oft hilfreich den Finger unterstützend einzusetzen.

6. Leseübungen in der Therapie

Auch in der Therapiestunde werden regelmäßig einige Textabschnitte gelesen, um das richtige Lesetempo zu finden, den segmentieren Lesestil einzuüben und insbesondere auf die Genauigkeit zu achten. Hierzu wird das Kind häufig aufgefordert das Lesetempo zu senken und nicht zu raten. Weiterhin soll es schwierige Wörter segmentieren und dabei den Finger unterstützend einzusetzen. Oft kann man für eine Trainingseinheit ein bestimmtes Übungsziel vorgeben, beispielsweise auf die Endungen zu achten (und nicht zu „vergessen“) oder nach Sätzen eine kurze Pause machen. Allgemein dient das Lesen in der Therapie die gelernten Strategien anzuwenden.

7. Silbenübung

Bei jedem Lesen von Texten in der Therapie wird die Silbenübung durchgeführt. Hierbei sollen ca. drei Abschnitte oder eine halbe Seite bis ganze Seite „übertrieben“ in Silben gelesen werden. Sehr häufig zeigt sich im Anschluss, dass das normale Lesen im Anschluss deutlich flüssiger und fehlerfreier verläuft. Hierfür sind verschiede Erklärungen denkbar. Auch für den schon etwas fortgeschrittenen Leser ist das Lesen in Silben zu Beginn der Leseübung in der Therapiestunde häufig sehr sinnvoll.

8. Lesegeschwindigkeit steigern

Hat sich die Leseleistung schon deutlich verbessert und wird das segmentierende Lesen gut umgesetzt, wird in einem letzten Schritt versucht, die Lesegeschwindigkeit weiter zu steigern. Hierfür wird der Schüler aufgefordert, einen Textabschnitt einmal schneller zu lesen (ca. 10 bis 20 Prozent schneller). Diese Übung wird regelmäßig durchgeführt.

9. Intensives Lesetraining adäquater Lesetexte für zu Hause

Werden die oben genannten Techniken richtig angewendet, kann zu Hause ein intensives Lesetraining durchgeführt werden. Hier sollen an fünf Tagen zwischen 5 bis maximal 10 Minuten vom Schweregrad adäquate Texte laut vorgelesen werden. Der Einsatz eines Lesepasses hat sich hier gut bewährt.

Die dargestellten Vorgehensweisen stellen einige grundlegende Übungen zur Verbesserung des Lesens bei Legasthenie dar. Als allgemeine Strategie gilt noch, dass man sich zu Beginn des Lesetrainings darauf konzentrieren sollte, die Anzahl der Lesefehler zu verringern und erst in einem zweiten Schritt versuchen sollte, die Lesegeschwindigkeit zu steigern.