Neues Trainingsprogramm zur Behandlung von räumlich-konstruktiven Störungen

Bei der räumlich-konstruktiven Störung handelt es sich um eine noch relativ neue Beschreibung von unzureichenden visuell-räumlichen Leistungen bei der Ausführung, in Abgrenzung zu den visuell-räumlichen Störungen, die Schwierigkeiten bei der Aufnahme räumlicher Informationen umfassen.

Kinder mit einer räumlich-konstruktiven Störung weisen beispielsweise im Schreiben Probleme auf, zwischen b und d zu unterscheiden, zeigen Buchstabenauslassungen und weisen Schwierigkeiten beim Nachzeichnen einfacher Objekte auf. Beim Basteln und Lego-Spielen zeigen sie ebenfalls Probleme. Auch Seitenränder in Schulheften können sie nicht einhalten. In einer Untersuchung von Petermann zeigten 15 Prozent der Kinder, die als lernbeeinträchtigt in der Uni-Ambulanz in Bremen vorgestellt wurden, räumlich konstruktive Störungen. Das noch relativ junge Störungskonzept findet sich nicht im ICD-10. Normierte Testverfahren für eine einfache Diagnostik existieren noch nicht. Aufgrund der recht hohen Prävalenz bei lernbeeinträchtigten Kindern ein wichtiges Konzept, das in der Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden sollte.

Franz Petermann und Despina Muth-Seidel haben nun die zweite überarbeitete Auflage eines Trainingsprogramms veröffentlicht, das die entsprechende Symptomatik verringern will. Der komplette Titel des Trainingsprogramms lautet „Training für Kinder mit räumlich-konstruktiven Störungen. Das neuropsychologische Einzeltraining DIMENSIONER“. Das Trainingsprogramm wurde für Kinder zwischen dem achten und vierzehnten Lebensjahr konzipiert und umfasst insgesamt 20 Therapieeinheiten.

Das Therapiemanual ist 136 Seiten stark. Weiterhin liegt dem Programm eine CD-ROM mit den notwendigen Kopiervorlagen zu den einzelnen Übungen bei. Bei zahlreichen Aufgaben des DIMENSIONERs muss gezeichnet und abgezeichnet werden. Aber auch Buchstaben müssen ertastet und geometrische Formen geknetet werden. Pro Therapiestunde werden in der Regel zwei verschiedene Übungen durchgeführt.

Nach einer kurzen Einleitung beschäftigt sich das zweite Kapitel des Manuals mit dem Begriff der räumlich-konstruktiven Störung und insbesondere die Abgrenzung zu den Störungen der visuell-räumlichen Wahrnehmung wird herausgearbeitet. Wie schon oben erwähnt, fehlt es gegenwärtig an einem spezifischen Verfahren zur Feststellung einer räumlich-konstruktiven Störung bei Kindern und Jugendlichen, sodass einzelne Teile aus verschiedenen diagnostischen Verfahren kombiniert werden müssen. Diese Problematik lösen Petermann und Muth-Seidl hervorragend, indem sie das diagnostische Vorgehen detailliert und leicht verständlich beschreiben. Es folgen die Darstellungen der Therapieeinheiten, die jeweils aus den Beschreibungen der Übungen bestehen. Dabei ist jeder Übung eine eigene Seite gewidmet, was zur Übersichtlichkeit beiträgt. Auf jeder Übungsseite finden sich Hinweise zum Vorgehen, zu den benötigten Materialien, der Zeitdauer und den Zielen, die durch die Übung erreicht werden sollen. Das letzte Kapitel des Buches enthält die empirischen Ergebnisse einer Studie von insgesamt 16 Jungen und Mädchen. Insgesamt zeigten sich dort bedeutsame Verbesserungen in verschiedenen Tests. Auch die Deutsch- und Mathematiknoten haben sich um jeweils eine Schulnote verbessert.

Petermann und Muth-Seidel legen ein interessantes Verfahren zur Verringerung der Symptomatik bei Kindern mit räumlich-konstruktiven Störungen vor. Die realisierten Übungen sind abwechslungsreich konstruiert und für den Therapeuten ökonomisch umsetzbar. Eine gute Motivation auf Seiten der Klienten ist dabei zu vermuten. Dimensioner erscheint auch für LRS-Therapeuten interessant, die bei entsprechender Indikation, dieses Training den üblichen therapeutischen Vorgehensweisen voranstellen könnten. Insgesamt handelt es sich um ein übersichtlich konstruiertes, empirisch belegtes Trainingsprogramm, dem eine positive Aufnahme in der Praxis zu wünschen ist.

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Despina Muth-Seidel & Franz Petermann (2008). Training für Kinder mit räumlich-konstruktiven Störungen. Göttingen: Hogrefe Verlag.